Fast drei Wochen sind wir jetzt auf Ibiza. Drei Wochen voller Sonne, Salzwasser und… Anker-Chaos.
Denn was wir bisher als entspanntes „Ankern leicht gemacht“ kannten – milder Wind, leere Buchten, friedliches Schwojen – war hier plötzlich ein ganz anderes Spiel.
Aber von Anfang an.
Ein langer Tag endet selten wie geplant.
Nach unserer zehnstündigen Motorfahrt von Dénia – ihr erinnert euch vielleicht – war der Plan einfach:
Anker werfen, Koje suchen, tief schlafen.
Nur leider: nichts davon wurde wahr. Die erste Ankerbucht, in die wir einfuhren, war proppenvoll. Und damit nicht genug – die wenigen Lücken im Wasser waren voller Posidonia-Seegras.
Was wir vorher nicht wussten (jetzt aber ganz sicher nie wieder vergessen werden):
Seegras ist auf den Balearen streng geschützt. Wer mit Anker oder Kette darin liegt, riskiert ein saftiges Bußgeld. Und das wird nicht nur theoretisch verhängt – wir haben schon mehrfach gesehen, wie kontrolliert wurde, und andere Segler haben berichtet, dass sie umparken mussten. Manchmal mit Glück und nur einer Verwarnung – aber wir wollten es nicht drauf ankommen lassen.
Also: Anker wieder hoch, nächste Bucht.
Trial-and-Error – mal wieder.
Die nächste Bucht war zum Glück nur eine Meile entfernt. Aber auch da: kein Glück.
Anker runter – hält nicht. Vielleicht falscher Untergrund, vielleicht falsch gesetzt, vielleicht einfach Pech.
Wir dachten erst, wir wären zu nah am Rand – also nochmal: nächster Spot, halbe Meile weiter.
Dort haben wir es zweimal probiert – zweimal: Anker hält nicht.
Frustlevel: steigend.
Engländer, Tipps und das erste Mal richtig geankert.
Die Rettung kam in Form einer englischen Crew, die unser Ankerballett interessiert beobachtete.
Freundlich, neugierig – und mit einem entscheidenden Hinweis:
„You guys need way more chain.“
Wir hatten 6 Meter Wassertiefe und rund 24 Meter Kette draußen (also 4:1). Sie meinten: Mindestens 30, besser 35 Meter. Und beim Einfahren des Ankers seien wir zu aggressiv – 1200 Umdrehungen würden völlig ausreichen, nicht wie unsere 1600–1800.
Also: Neuer Versuch. Mehr Kette. Weniger Gas.
Und siehe da – der Anker hielt.
Wir waren erleichtert, erschöpft – und direkt ein bisschen glücklicher. Neue Freunde gewonnen, was gelernt, und endlich konnten wir schlafen gehen.
Doch die Ruhe ist trügerisch…
Kaum lag unser Anker halbwegs fest, haben wir auch schon das nächste Kapitel des Ibiza-Anker-Wahnsinns kennengelernt:
Driftende Boote.
Manche schwojen nur wild, andere verabschieden sich gleich ganz.
Ein Boot hat es fast aus der Bucht rausgezogen, ohne dass jemand an Bord es gemerkt hätte – nur durch Zufall wurde es gestoppt, weil ein anderes gerade den Anker lichtete.
Und dann sind da noch die kleinen Motorboote, oft verliehen an Leute ohne viel Ahnung. Sie werfen irgendwo ein bisschen Ankerkette neben ein großes Segelboot, wissen nichts von Schwojkreisen und wundern sich, wenn sie später auf Kollisionskurs durch die Bucht rutschen.
Unser größter Feind: der Richtungswechsel.
Unser Anker – ein Bruce-Anker – hat eine Schwäche: Wenn das Boot sich um 180 Grad dreht (was bei Nacht, Böen oder Land-Seewind-Wechseln schnell mal passiert), kann es passieren, dass der Anker sich löst.
Darum haben wir uns einen festen Anker-Check-Rhythmus angewöhnt:
Einmal nach dem Setzen tauchen wir ab, um zu sehen, ob sich der Anker richtig eingegraben hat.
Und da wir sowieso fast täglich schnorcheln, checken wir auch im Laufe des Tages immer wieder, ob er noch sitzt.
Wenn der Platz es erlaubt, geben wir so viel Kette wie möglich – aber ehrlich gesagt: Die Buchten auf Ibiza sind so schnell voll, dass man oft gar nicht die Auslaufzone hat, die man gerne hätte.
Unser Fazit nach drei Wochen:
- Lieber einen Anker-Check zu viel als einen zu wenig.
- Nicht blind auf andere Boote verlassen – viele davon wissen selbst nicht, was sie tun.
- Seegras ist heilig – meide es wie ein Riff.
- Mehr Kette, weniger Gas.
- Und: Freundliche Engländer sind manchmal die besten Nachbarn.
Ibiza ist wunderschön – keine Frage. Aber was das Ankern angeht, ist es kein Anfängerparadies.
Wir lernen täglich dazu – und hoffen, dass euch unsere Erfahrungen helfen, wenn ihr selbst hierherkommt. Oder einfach mit uns mitfühlt.